SLR mit Zentralverschluss
Zentralverschluss – Spiegelreflexkameras für Kleinbildfilm wurden bis 1975 von zahlreichen Herstellern angeboten. Hier eine kleine Auswahl.
Betrachten wir uns die nebenstehende Contaflex IV von Zeiss Ikon Vorgestellt wurde diese Kamera im Jahre 1956. Als Nachfolger der Contaflex II bot dieser Apparat als Neuheit die Möglichkeit sogenannte Satzobjektive anstelle der Frontlinse zu montieren. So kam man zu Brennweiten von 35mm, 85mm und ab 1961 sogar bis 115mm. Die serienmäßige Frontlinse sorgte für die Normalbrennweite von 50 mm. Der ungekuppelte Belichtungsmesser zeigt nach dem Aufklappen einen Lichtwert an, der auf einer Skala am Objektiv eingestellt wird. Danach hat man für alle im Bereich liegenden Verschlusszeiten die richtige Blende zugeordnet. Eine Besonderheit aller Contaflexen: der Spiegel bleibt nach dem Auslösen hochgeklappt, der Sucher ist zappenduster. Erst nachdem die Kamera wieder gespannt ist geht der Spiegel in die 45° Stellung und der Sucher ist frei. Der Entfernungsmesser hat zwei Einstellbereiche. Einen Schnittbildanzeiger und einen Mattscheibenring. Somit können auch Motive ohne klare Begrenzungslinien einwandfrei fokussiert werden.
Hier die drei Pro-Tessare für die Contaflex Serie: links 115mm, mitte 85mm, rechts 35mm Brennweite. Da die Kameraseitig angebrachte Entfernungsskala bei angesetztem Vorsatzobjektiv nicht mehr stimmt, hatten die Pro-Tessare eine Umrechnungsskala. Diese ist drehbar und hat ansonsten keine Funktion.
Das Zeiss Monokular 8 x 30B ist ein halbes Fernglas das von der Fa. Zeiss speziell für Brillenträger gefertigt wurde. Als die Contaflex mit dem Tessar Satzobjektiv entwickelt wurde, stellte man fest, dass dieses Monokular hervorragend in das optische System passt. Wie einen Filter mit dem S27 Gewinde vor die Linse geschraubt, ergab das eine Brennweite von 400mm. Das war bisher noch nicht erreicht worden. Die größte Blende lag allerdings nur bei einem Wert von 16, so dass die Verwendung nur am Stativ empfohlen ist. Mit einem entsprechenden Adapter passt dieses Fernglas auch an die Modelle Icarex und Contarex. Es ist jedes mal ein Erlebnis die Blicke umstehender Digitalfotografen zu beobachten wenn eine dieser Kombinationen zum Einsatz kommt. Das Bild zeigt die Contaflex Super BC mit angeflanschtem Monokular. Nebenbei: das Zeiss Fernglas ist auch am Auge ein hervorragendes Instrument mit verzeichnungsfreier Vergrößerung.
Die Contaflex Super, im Jahr 1959 vorgestellt, war eine wichtige Entwicklung der Contaflex Serie. Erstmals waren die Belichtungszeiten und die Blende mit dem Belichtungsmesser gekuppelt. Eine Einspiegelung im Sucher machte ein schnelles Nachregulieren möglich. Die Fa. Zeiss Ikon sprach sogar ein wenig voreilig von einer „Belichtungsautomatik“. Neu war auch, dass die Kamera mit einem Schnellspannhebel, einer Rückspulkurbel und einem fest eingebauten Zubehörschuh ausgestattet wurde.
Am Objektiv änderte sich wenig, nur die Entfernungseinstellung wurde seltsamerweise umgedreht. Es ist erstaunlich, dass der Belichtungsmesser bis heute akkurate Werte liefert. Die Möglichkeit Wechselmagazine an der Kamera anzubringen, um ohne Bildverlust z.B. zwischen Farb- und Schwarzweissfilm zu tauschen wurde an der Contaflex Super als weitere Neuerung verwirklicht.
Eine Neuerung in der Kameratechnik wurde 1963 von Zeiss Ikon der Öffentlichkeit vorgestellt:
„Ein weiterer grundlegender Schritt zur Vereinfachung der Aufnahmetechnik ist den Konstrukteuren mit der Blenden-automatik der Contaflex Super B gelungen. Die Automatik stellt bei vorgewählter Belichtungszeit die passende Blende selbsttätig ein. Eine Anzeige im Sucher gibt Auskunft über die gewählte Blende- und Zeit-Paarung und warnt vor Über- oder Unterbelichtung.“
Und das alles bei einer mechanischen Kamera die bis heute keine Batterien braucht. Die Super B ist, meiner Ansicht nach, die vollkommenste Contaflex. Das Sucherbild ist von einer Helligkeit die selbst 90er Jahre Spiegelreflexkameras kaum erreichen, die Automatik auch unter seltsamen Belichtungsverhältnissen ausreichend genau und das vollmechanische Flair ist einfach nicht zu überbieten.
Krönung der Contaflex Entwicklung war 1965 die Super BC. Bei diesem Apparat wurde erstmals bei Zeiss Ikon die Belichtungsmessung durch das Objektiv verwirklicht. (TTL-Offenblendenmessung)
Erkennbar ist die Contaflex Super BC am kleinen Batteriefach auf der rechten Gehäuseseite. Die Belichtungsmessung selbst erfolgt durch eine CdS-Zelle oberhalb des Sucherokulars.
Durch diese Konstruktion ist der Suchereinblick gegenüber der Super B ein klein wenig dunkler. Wegen des neuen Systems sind jedoch genauere und schnellere Messungen möglich. Ein Batterieprüfknopf und eine Okularabdeckung durch einen Schieber sollten die Contaflex auf lange Zeit konkurrenzlos machen. Jedoch war das Konzept in technischer Hinsicht endgültig ausgereizt. Spätestens jetzt hätte Zeiss Ikon mit der Entwicklung einer elektronischen Spiegelreflexkamera mit Schlitzverschluss und voll wechselbaren Objektiven beginnen müssen.
Selbstverständlich boten auch andere Firmen Spiegelreflexkameras mit Zentralverschluss an. Hier die Retina Reflex aus dem Hause Kodak.
Meine Kamera ist aus der ersten Baureihe der erfolgreichen Retina Reflex Serie. Der Grundkörper mit Filmtransporthebel und Rückwand wurde von der Klapp-Retina übernommen, das Pentaprisma und die Spiegeleinrichtung entsprechen etwa der einer Contaflex IV. Außergewöhnlich an der Kodak ist das hervorragende Standardobjektiv, ein sechslinsiges „Retina-Xenar“ von Schneider-Kreuznach mit einer größten Blendenöffnung von 1:2. Anders als bei der Contaflex, werden hier alle vorderen Linsen gewechselt, somit liegen dabei die empfindlichen Verschlußlamellen offen.
Von links nach rechts: Longar Xenon 1:4/80mm, Xenon 1:2/50mm, Curtar Xenon 1:5,6/35mm. Diese Vorsatzlinsen passen auch bei der Kodak Retina IIc (Klappkameras)
Voigtländer hatte mit der Bessamatic eine der schönsten Kameras der 50er und 60er Jahre im Programm.
Neben einer gediegenen Verarbeitung machten die berühmten Voigtländer Objektive die Bessamatic zu einer erfolgreich verkauften Kamera. Bis zum Ende ihrer Produktion 1969 standen zehn! verschiedene Objektive zur Auswahl, darunter auch das legendäre Zoomar 36 – 82mm.
Bei der Bessamatic wird das komplette Objektiv gewechselt. Die Belichtungsmessung kann durch einen Zeiger im Sucher bequem kontrolliert werden, die Entfernungseinstellung wird Dank eines Schnittbildes sehr erleichtert. Hilfreich ist auch die bewegliche Anzeige der Schärfentiefe direkt am Objektiv, der Synchro-Compur Verschluss stellt Zeiten von 1sec. bis 1/500sec. zur Verfügung.
1965 kam die modernisierte Ultramatic CS von Voigtländer in die Fotoläden. Das teuerste Voigtländer Modell (664.- DM für das Gehäuse) hatte zwar nun keinen automatischen Rückschwingspiegel mehr (die Mechanik hatte sich bei der Ultramatic mit Selen Belichtungsmessung als permanent störungsanfällig erwiesen), dafür wurde die Blendenautomatik mit zwei CdS-Zellen mit den richtigen Werten versorgt. Das gefällige Design des Konstrukteurs Walter Swarofsky konnte nichts an den rückläufigen Verkaufszahlen dieses Kameramodells ändern. Nach ca. 10.000 produzierten Kameras kam schon 1968 das Aus für die Ultramatic.
Eine außergewöhnliche Kleinbild-Spiegelreflexkamera bot Agfa im Jahre 1960 an. Als doppeläugiger Fotoapparat konstruiert, sollte die Flexilette wohl Kunden aus dem Rolleiflex-Lager zum Kleinbildfilm locken.
Die Kamera selbst ist recht spartanisch geraten. Weder ein Belichtungsmesser, noch eine wie auch immer geartete Automatik-Funktion unterstützen den Fotografen bei seiner Arbeit. Zudem ist das fokussieren mit dem Lichtschacht-Sucher durch das Kleinbild-Format prinzipiell eine nicht ganz einfache Sache. Dabei hilft eine kleine ausklappbare Lupe.
Der Zentralverschluß bietet auch hier die klassenüblichen Zeiten von 1sec. bis 1/500sec. Die Brennweite des Objektivs ist mit 45mm leicht in Richtung Weitwinkel ausgelegt.
Nach nur einem Jahr verschwand die kleine Flexilette wieder vom Markt, auch das Nachfolgemodell die Agfa Optima Reflex wurde trotz Automatik und Reflexsucher kein wirklicher Verkaufserfolg.
Eine Kamera im Stil einer Rolleiflex bietet die Fa. Franzis in ihrem Katalog an. Die Spiegelreflexkamera mit Lichtschachtsucher, die mit 135er Kleinbildfilm fotografiert ist dank der guten Bastelanleitung recht schnell montiert.
Als Verschluss dient ein federgespannter Schleudermechanismus der für eine Belichtungszeit von ca. 1/125sec sorgt. Die Blende ist fest bei ca. f:1/5,6, kann aber durch einen Kunststoffring auf f:1/11 abgeblendet werden. Die Linsen beider Objektive bestehen aus Kunststoff, das war bei Einfachkameras von Kodak auch lange üblich.
Der Lichtschacht ist zusammenfaltbar, das zu fotografierende Objekt wird über eine Mattscheibe eingespiegelt und kann mit etwas Übung auch korrekt scharfgestellt werden.
Das zusammenbasteln der Kamera macht richtig Spaß und das fertige Gerät ist zwar noch lange keine Rolleiflex aber es kann bei schönem Wetter durchaus damit fotografiert werden.
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