Rollfilmkameras

Als Rollfilm bezeichnet man fotografischen Film, der offen auf eine Spule konfektioniert wird. Die Bezeichnung entstand im Unterschied zum Planfilm. Der bekannteste Rollfilm ist der Typ 120, der in den  meisten Mittelformatkameras und in Rollfilm-Magazinen für Großformatkameras verwendet wird. Noch heute ist der Rollfilm für viele Amateure und auch Profi Fotografen die erste Wahl wenn es um ausdrucksstarke Bilder geht.


Zeiss Ikon Box Tengor

Boxkameras waren vor und kurz nach dem 2. Weltkrieg die einfachste Form der Fotoapparate. Auf unterschiedlichen Rollfilm Formaten konnten mit einer Moment-Zeit von ca. 1/30 sec. und einem simpel konstruierten Objektiv, Bilder gemacht werden. Bei ausreichend Sonnenlicht und ruhigen Motiven klappte das nicht einmal schlecht.
Meine schöne Box Tengor aus dem Jahre 1938 bot darüber hinaus eine Blenden- und Entfernungseinstellung in jeweils drei Stufen. Auch eine „B“ Einstellung für beliebig lange Zeitaufnahmen ist anwählbar. Mit dem 120er Rollfilm konnten so acht Bilder im Format 6 x 9 cm belichtet werden. Für Hoch- oder Querformat gibt es einen separaten Sucher. Das große Bildformat hat den Vorteil dass schon preisgünstige Kontaktkopien zu annehmbar großen Abzügen reichen.

 


Agfa Clack mit Clibo Blitz

Den Übergang von den einfach gestrickten Boxkameras, deren Aussehen in den beginnenden Wirtschaftswunderjahren nicht mehr verkaufsfähig war, schaffte Agfa mit den Erfolgsmodellen Clack und Click.
Die Agfa Clack, vorgestellt 1953, macht Bilder im Querformat 6 x 9 cm und war die erste Kamera von Agfa die hauptsächlich aus Kunststoff bestand. Eine einzelne Meniskuslinse sollte in Verbindung mit der gewölbten Filmbahn für verzeichnungsfreie Bilder sorgen. Zwei Blendenstufen und eine vorschwenkbare Nahlinse für den Bereich zwischen einem und drei Metern gaben dem Fotografen Spielraum für unterschiedliche Aufnahme- und Lichtsituationen. Die Belichtungszeit war fix bei ca. 1/30 Sekunde, alternativ konnte „B“ für beliebig lange Zeitaufnahmen gewählt werden.

Agfa Click II mit Clibo Blitz

Die 1958 vorgestellte Agfa Click belichtet im Format 6 x 6 cm auf Rollfilm 120 (entspricht 12 Bildern pro Film) Das Objektiv ist ein verbessertes Agfa Achromat mit einer Maximalblende von 8,8. Zwei Blendenstufen und eine Nahlinse sind eingebaut. Die Click kam einer „richtigen“ Kamera vom Aussehen sehr nahe und konnte mit einigen Änderungen bis 1970 (zuletzt in Indien) produziert und verkauft werden.

Testbild Agfa Click

Das Fotografieren mit einer der beiden „Pseudokameras“ ist auch heute noch problemlos möglich, am besten mit einem gering lichtempfindlichen Film bis maximal 100 ASA. Bei einigermaßen schönem Wetter und aufgestecktem Gelbfilter (an der Click) erhält man gut belichtete Fotos mit echtem 50er Jahre Charme.

 


Agfa Billy 1

Eine beliebte Kamera zu Anfang der 1950er Jahre waren die Agfa Billy Modelle, hier die Billy 1 von 1953.

„Grundsolid ist die Konstruktion, handlich die Form. Dem bewährten Springspreizen-Mechanismus ist die rasche Aufnahmebereitschaft zu verdanken. Ein ausgezeichnetes, entspiegeltes Objektiv, das Agfa Agnar, gewährleistet durchgezeichnete und randscharfe Negative. Selbstverständlich können Sie mit der Agfa Billy I auch blitzen.“

verkündet ein zeitgenössisches Prospekt. Dazu kam der leistbare Preis und die lange Tradition der Fa. Agfa. die schon 1928 die erste Billy Kamera im Programm hatte.
Mit netten Extras wie der aufklappbaren Stütze, dem modernen Fernrohrsucher und der Blitz-Synchronisation konnte sich die Billy 1 bis 1960 am Markt behaupten.


Eine weitaus besser ausgestattete Kamera leistete sich zum Weihnachtsfest 1953 der mir unbekannte Herr Greveler. Nicht nur eine der schönsten Falt-Kameras, auch Blitzgerät, sieben Blitzlampen, Batterie, Drahtauslöser und ein! Film wurden für 175,81 DM beim Fotohaus Schmelter in Münster eingekauft. Ob Herr Greveler mehr als den einen Film belichtet hat weiß ich nicht, viele können es aber nicht gewesen sein, denn seine Zeiss Ikon Mess-Ikonta 6×6 die ich 60 Jahre später bei einem

Zeiss Ikon Ikonta 6×6

bekannten Online-Auktionshaus für kleines Geld ersteigerte, sieht immer noch aus wie frisch aus dem Laden.
Dabei hat die Ikonta fast alles was das Fotografenherz begehrt: ein scharf zeichnendes Objektiv, einen Entfernungsmesser und die viel gerühmte Qualität, die die Zeiss Ikon Kameras zu jener Zeit auszeichneten. Der Prontor-SV Verschluss bietet Belichtungszeiten von 1 Sekunde bis zur 1/300 Sekunde inklusive „B“ Einstellung. Das Novar Objektiv mit drei Linsen und einem Blendenbereich von 4,5 bis 22 hat genug Reserven auch für trübe Tage. Und geblitzt werden kann bei jeder eingestellten Belichtungszeit. Das Bildformat mit 6 x 6 cm lässt viel Spielraum für die Bildgestaltung im Vergrößerungslabor. Alles in allem eine gut ausgestattete Kamera, für die ich Herrn Greveler sehr dankbar bin.


Zeiss Ikon Super Ikonta II (533/16)

Die Krönung der Mittelformat-Messsucherkameras von Zeiss Ikon war von 1929 bis 1957  die Super Ikonta. Sie war die erste Rollfilmkamera mit eingebautem Selen-Belichtungsmesser der außerdem noch bequem von oben abzulesen war. Das große und schwere Gerät besitzt üblicherweise ein Zeiss Tessar Objektiv 1:2,8/80 mm im Compur-Verschluss, ein automatisches Zählwerk für die belichteten Aufnahmen und eine Sperre gegen Doppelbelichtungen. Das Kameragehäuse besteht aus Leichtmetallguss. Der Messsucher nach dem Drehkeilprinzip (eine von Zeiss Ikon entwickelte und äußerst genaue Messeinrichtung) ist mit dem Objektiv gekuppelt und im Sucher einzustellen.
Im Laufe der Produktion erfuhr die Super Ikonta immer wieder Verbesserungen. Mein gepflegtes Exemplar ist aus dem Jahr 1950, hat also schon ein vollvergütetes Zeiss-Opton Tessar im nur für Elektroblitzgeräte synchronisierten Compur-Rapid Verschluss. Die Verschlusszeiten: B und 1 bis 1/400 Sekunde.
Das scharfzeichnende Tessar in Verbindung mit der großen Anfangsblende sorgt selbst heute noch für exzellente Bilder im Negativformat 6×6 cm.


Zeiss Ikon Ikoflex Ia mit Ikoprox Nahlinse

Auch auf dem Sektor der zweiäugigen Spiegelreflexkameras hatte Zeiss Ikon in direkter Konkurrenz zu Rollei bis 1955 eine  Kameraserie im Programm: Die Ikoflex.
Meine Ikoflex Ia war das preisgünstigste Modell der Baureihe. Mit einem dreilinsigen Novar-Anastigmat Objektiv mit einer größten Blende von 3,5 und dem Prontor SV-Verschluss ist man dennoch für die meisten fotografischen Aufgaben gut gerüstet. Die Entfernungseinstellung ist mit dem hellen Lichtschachtsucher kein Problem. Die aufsteckbare Nahlinse erweitert den Nahbereich auf 0,5 Meter mit automatischem Parallaxe Ausgleich. Ein Handbelichtungsmesser sollte unbedingt zu Rate gezogen werden. Die Ikoflex überzeugt mit einer gediegenen Verarbeitung. Einziger Schwachpunkt: In den 50er Jahren waren die Spulen der Rollfilme etwas dicker als heute und so kommt es beim automatischen Filmtransport zu Überschneidungen der Negative. Abhilfe bringen zwei Streifen Isolierband um die Aufwickelspule.

 


Rolleiflex T

Die Rolleiflex T, die Mittelklasse von Rollei, kostete laut einer Preisliste von 1962 stolze 784.- DM. Dafür bekam der stolze Besitzer eine überaus robuste, vielseitige Kamera, die bis auf eine Wechseloptik keine Wünsche offen lässt. Der Belichtungsmesser arbeitet mit zwei Bereichen und das Tessar Objektiv sorgt für randscharfe Bilder. Der Film wird mit einer Kurbeldrehung transportiert und gleichzeitig der Verschluss gespannt. Der grösste Vorteil der Rolleiflex T ist jedoch die einfache Umrüstung auf verschiedene Bildformate. Als Standard können mit dem 120er Rollfilm zwölf Bilder im Format 6 x 6 cm belichtet werden. Mit dem separat erhältlichen Maskensatz wird aus der Rolleiflex eine Kamera die 16 Bilder im Breitformat 4 x 5,5 cm oder im kleinen Quadrat 4 x 4 cm (beliebt bei Diafotografen) macht.

Mit dem Rolleikin ist die Verwendung von Kleinbildfilmen mühelos möglich. Dabei entstehen Hochformat Negative im Format 24 x 36 mm. Ideal für Porträtaufnahmen oder Reportagen mit hohem Filmverbrauch.
Das Arbeiten mit der Rolleiflex ist eine vergnügliche Angelegenheit, die Maschine funktioniert auch im Alter von fast 60 Jahren noch wie am ersten Tag. Schade nur dass Rollei bei seinen zweiäugigen Kameras nie Wechselobjektive angeboten hat.


Mamiyaflex C2 mit zwei Objektiven

Wie die Konstruktion von Wechselobjektiven an einer zweiäugigen Spiegelreflexkamera ohne großen Aufwand verwirklicht werden kann zeigte Mamiya ab 1960 mit den Mamiyaflex Modellen.
Die Mamiyaflex C 2 fühlt sich an als wäre sie für die Ewigkeit gebaut. Groß, schwer und ein wenig unhandlich. Also genau das Richtige für Menschen die mit ihrer Kamera Geld verdienen wollen. Der lange Balgen macht mit dem 80er Objektiv Nahaufnahmen bis 40 cm möglich, Parallaxe-marken sind im hellen Sucher eingeätzt. Der Verschluss am Objektiv muss separat gespannt werden, bei späteren Baureihen wurde das auch verbessert. Der Objektivwechsel funktioniert recht Narrensicher. Eine Lichtklappe schirmt den Film zuverlässig vor Fremdlicht ab.

 


Mamiya M645 1000S mit Metz Blitz

1975 startete Mamiya die 645er Serie mit einer Negativgröße von 6 x 4,5 cm.  Anfangs noch als „Poor men’s Hasselblad“ (Die Hasselblad für arme Menschen) verspottet, konnte die neue Kamerareihe bald viele Amateure und Profis von ihren Qualitäten überzeugen. Von vornherein als ausbaufähiges Kamerasystem ausgelegt, bot Mamiyas erste Version drei in der Leistung unterschiedliche Kamerakörper, vier Suchersysteme und elf Wechselobjektive im Bereich von 35 bis 500mm. Der elektronische Schlitzverschluss arbeitet in der Mamiya 1000 S in einem Bereich von 8 sec. bis 1/1000 sec. Stufenlos einstellbares Vorlaufwerk, Spiegelarretierung und die Möglichkeit Doppelbelichtungen zu machen, runden den guten Eindruck ab.
All das ist in ein solides Aluminiumgehäuse eingebaut, das den rauen Profi Alltag problemlos übersteht.


Mamiya 645 Pro mit Sucherlupe

Die Mamiya 645 Pro, 1993 eingeführt setzte den Erfolg der Vorgänger Kamera M645 Super mit einem neuen Design fort. Alle übrigen guten Eigenschaften blieben erhalten. Besonders erwähnenswert ist die Fähigkeit Wechselmagazine zu verwenden. Hier stehen vier Typen zur Auswahl: Rollfilm 120 mit 15 Bildern, Rollfilm 220 mit 30 Bildern, Kleinbildfilm und Polaroid FP Sofortbilder. Neu im Programm war auch ein Fischaugenobjektiv, zwei lichtstarke Teleobjektive und drei Objektive mit Zentralverschluss für Blitzaufnahmen. Die Mamiya 645er Serie wurde als Analogkamera bis ca. 2008 weiterentwickelt.
Mit dem angebauten Motorgriff liegt das schwere Gerät gut in der Hand und erlaubt Bildfolgen im Sekundentakt.


Kodak Brownie Super 27

Eine hübsche Kamera für den 127er Rollfilm hatte hatte Kodak Anfangs der 1960er Jahre im Programm: die Brownie Super 27.
Hinter einer Klappe verbarg sich das eingebaute Blitzgerät. Die Kamera selbst ist recht spartanisch ausgestattet. Zwei Zeiten (sonnig und bewölkt) und zwei Entfernungen (Close-up und über 3 feet) müssen dem Fotografen genügen um mit der verbauten Kunststofflinse ein Bild zu machen. Im Zuge der Umstellung auf das Instamatic-System verschwanden die Kodak Rollfilmkameras dann nach 1965 aus dem Programm.


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